Mehr Weg durch Mehrweg: Dr. Jan Klingele sorgt sich angesichts der geplanten Mehrwegquoten für Transportverpackungen in der EU
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Die starren Mehrwegquoten in der geplanten EU-Verpackungsverordnung (PPWR) sorgen für mehr Kunststoff, Transportwege sowie Lagerflächen. Zu dem Ergebnis kommt eine Studie der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung.
Dr. Jan Klingele, geschäftsführender Gesellschafter der Klingele Paper & Packaging Group, fordert deshalb den Erhalt funktionierender Kreislaufsysteme, die sich zum Beispiel schon in der Wellpappenindustrie bewährt haben. Auch der ehemalige EU-Kommissar Günther Oettinger ist überzeugt: Die Mehrwegquoten blockieren nachhaltige Verpackungslösungen, z. B. aus Wellpappe, und haben negative Folgen für Unternehmen dieser Industrie und anderer Firmen, die von der Verpackungsverordnung betroffen wären, sowie deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Für den November plant das Europaparlament die Abstimmung über die Erweiterung der EU-Verpackungsverordnung PPWR (Packaging and Packaging Waste Regulation), die einen verpflichtenden Mehrweganteil für Transportverpackungen vorsieht.
Ziel ist es, u. a. durch die Vermeidung von übermäßigen Verpackungen und mehr wiederverwert- sowie recyclebare Materialien, die negativen Auswirkungen von Verpackungen auf die Umwelt zu reduzieren.
Mehr Kunststoff, weniger nachhaltige Wellpappe
Doch mit den starren Quoten der Mehrweglösungen für bestimmte Transportverpackungen verpasst die EU diese Ziele, erklärt Dr. Jan Klingele, geschäftsführender Gesellschafter der Klingele Paper & Packaging Group: „Wir unterstützen die Ziele der EU-Verordnung und setzen als zukunftsgewandtes Unternehmen schon viele Maßnahmen für eine immer bessere Ökobilanz um. Allerdings führen pauschale Mehrwegquoten oft nicht zum ökologisch besten Ergebnis. Im Falle der PPWR gefährden die angedachten Mehrwegquoten sogar die gesteckten Umweltziele.
Laut einer Studie der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM) aus dem Juni 2023 würden – statt weniger Kunststoff zu verbrauchen – jährlich zusätzliche 114 Kilotonnen Mehrwegverpackungen produziert werden. Darüber hinaus müssen zum Aufbau des quotenbasierten Mehrwegsystems im ersten Jahr weitere 285 Kilotonnen davon zugekauft werden. Somit laufen wir meiner Meinung nach zwangsläufig Gefahr, mehr Plastik und Mikroplastik in unseren Lebensräumen freizusetzen.
Auch sind Mehrwegverpackungen auf bestimmte Standardformate beschränkt, die zu einer Zunahme des Leerraums in den Verpackungen und damit in den Lieferketten führen. Dadurch hebeln wir eine der Stärken der Wellpappenindustrie aus: passgenaue Verpackungen zu fertigen, deren Papierfasern über fünfundzwanzigmal recyclebar sind und anschließend vollständig biologisch abgebaut werden. Verbunden mit den zusätzlichen Wegen für die Reinigung und Rücktransport der Mehrwegverpackungen werden wir noch mehr Lkw-Verkehr auf den Straßen erleben. Laut oben genannter Studie erhöhen sich die Transportkilometer bis zum Jahr 2040 sogar um 200 Prozent. Wir sind daher gegen pauschale Quoten und fordern stattdessen den Erhalt funktionierender Kreislaufsysteme, die sich bewährt haben.“
Unternehmen der Wellpappenindustrie und darüber hinaus sind betroffen
Neben den Gefahren für die Umwelt und die Gesundheit der Menschen haben die PPWR- Mehrwegquoten auch Folgen für solche Unternehmen, die flexiblere Verpackungen aus nachhaltigen Materialien bieten. So empfindet auch der ehemalige EU-Kommissar Günther Oettinger die Situation: „Meine Erfahrung zeigt, dass die EU-Gesetzgebung besonders erfolgreich ist, wenn sie dem Markt Leitplanken setzt, dieser sich aber innerhalb dieser Regeln selbst regulieren kann. Die geplanten Mehrwegquoten im aktuellen Entwurf der EU-Verpackungsverordnung sorgen jedoch dafür, dass einige Unternehmen – z. B. aus der Wellpappenindustrie – trotz besonders nachhaltiger Produkte gar nicht mehr am Wettbewerb teilnehmen können. Das wäre aus meiner Sicht bedenklich. Dadurch würden dem Markt funktionierende Kreislaufsysteme mit sehr hohen und weiter steigenden Recyclinganteilen verloren gehen. Für zahlreiche Familienunternehmen aus Baden-Württemberg und darüber hinaus mit tausenden Mitarbeitenden wäre das mit negativen Konsequenzen verbunden.“