Auf dem Weg zur Klimaneutralität – Grüner Innovationsschub in der Papierindustrie

Im Zuge der Klimaziele von Bund, Ländern und EU geraten Unternehmen vieler Branchen derzeit in Zugzwang. Investitionen in nachhaltige Produktionsverfahren, energiesparende Prozesse und Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausemissionen werden so zwangsläufig alternativlos. Ganz anders sieht es bei der Papierindustrie aus. Sie zählt seit Jahren zu den großen Vorbildern, wenn es um Nachhaltigkeit geht. Trotzdem ruht man sich nicht auf dem bereits erreichten aus, sondern versucht noch ungenutzte Potenziale auszuschöpfen. Ein Beispiel für das Engagement der Branche ist die Modellfabrik-Papier, in der verschiedene Unternehmen aus der Papierfertigung gemeinsam neue energiesparende und klimaneutrale Technologien erproben möchten.

Auf dem Weg zur Klimaneutralität – Grüner Innovationsschub in der Papierindustrie
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01.02.2024
Quelle:  Firmennews

Die Papierbranche ist Nachhaltigkeitspionier
Ein hoher Energieverbrauch und Treibhausemissionen stellen für viele Branchen im Industriesektor eine große Herausforderung dar. Wie es gehen kann, zeigen Unternehmen aus der Papierherstellung und -verarbeitung. In dem Zeitraum von 1990 bis 2020 ist der CO2-Ausstoß um rund 50 Prozent pro Tonne Papier gesunken. Insgesamt hat die Papier- und Zellstoffindustrie damit nur einen verschwindend geringen Anteil von knapp 0,8 Prozent an den Gesamtemissionen in der EU. Doch auch im Hinblick auf andere Aspekte der Nachhaltigkeit steht die Branche gut da. So spielt die Energieeffizienz eine entscheidende Rolle bei der fortschreitenden Verkleinerung des ökologischen Fußabdrucks. Mehr als die Hälfte des Primärenergieverbrauchs decken die Produzenten bereits mit erneuerbaren Energiequellen. Davon wiederum entfallen über 50 Prozent auf Strom aus Biomasse.

Für die Zukunft ist davon auszugehen, dass auch Solarstrom an Bedeutung gewinnt. Wie schnell und in welchem Umfang Energie aus Photovoltaikanlagen zu einer zentralen Energiequelle wird, hängt momentan stark von der Entwicklung entsprechender Speichertechnologien ab. Ein weiterer Faktor ist die Rohstoffnutzung. Früher stammte ein Großteil des Holzes für die Papierproduktion aus Raubbau und nicht nachhaltiger Forstwirtschaft. Heutzutage hat der Bezug aus nachhaltigen Holzquellen vielerorts Priorität. Dafür haben auch Institutionen wie die FSC-Zertifizierung gesorgt, die strenge Umwelt- und Sozialstandards entlang der gesamten Produktionskette voraussetzt. Auch ein ressourcenschonender innergemeinschaftlicher Erwerb von Holz wird in bei nachhaltigen Lieferketten berücksichtigt.

„Modellfabrik-Papier“ zeigt bestehendes Potenzial auf
Was die Papierbranche von anderen abhebt ist, dass führende Hersteller bereits früh erkannt haben, wie Effizienz, Nachhaltigkeit und die Möglichkeit zur Kostenreduktion zusammenwirken. Die Bereitschaft für Investitionen in innovative Verfahren und Konzepte war daher immer schon recht groß. Der Fortschrittsgedanke in der papierproduzierenden und -verarbeitenden Industrie lebt jedoch keinesfalls nur von der Konkurrenz der Big Player, sondern auch von Kooperation. Das zeigt sich am besten in der sog. Modellfabrik-Papier, die zurzeit im Innovationsquartier in Düren entsteht. Der Forschungsstandort soll voraussichtlich 2024 fertiggestellt werden und dient als Labor für nachhaltige Technologien und Lösungen in der Papierindustrie. Zwanzig namhafte Unternehmen sowie der Bund und das Land NRW sind an dem zukunftsweisenden Projekt beteiligt.

Der Schwerpunkt liegt auf der klimaneutralen Herstellung und Weiterverarbeitung von Papier. Bereits in die Phasen der Konzeption und Planung waren verschiedene Forschungsinstitute wie die RWTH und FH Aachen oder auch die TU Darmstadt eingebunden. Das Innovationsnetzwerk soll dafür sorgen, dass die Branche im internationalen Vergleich konkurrenzfähig bleibt. Langfristig möchte man so rund 10.000 Arbeitsplätze in der Rhein-Region erhalten und weiter ausbauen.

Neue umweltfreundliche Verpackungslösungen
Schon seit vielen Jahren setzt die Industrie auf die Nutzung von recycelten Materialien. Genau deshalb konnten Ressourcenverbrauch und Effizienz auch stetig gesteigert werden. Das seit 2019 geltende Verpackungsmittelgesetz schreibt zudem die Rückführung und Wiederverwertung von in Umlauf gebrachten Verpackungsmaterialien vor. Durch die konsequente Rückführung von Altmaterialien in den Produktionszyklus ist die Papierindustrie bereits nah an den Idealvorstellungen des Modells einer Kreislaufwirtschaft. Parallel dazu forschen Marktführer an neuen Fasermaterialien, die den Bedarf an Holz für die Papierherstellung zusätzlich herabsenken. Ein Beispiel für innovative Verpackungslösungen, die herkömmliches Papier teilweise ersetzen können, ist Papier aus der Silphie-Pflanze. Durch den besonders hohen Anteil an Zellulosefasern eignet sich die Pflanze hervorragend für die Herstellung ressourcenschonender Verpackungslösungen. Auch Fasern aus Bambus und Zuckerrohr sind in manchen Bereich bereits im Einsatz.

Synergien mit der Digitalisierung und KI
Noch vor wenigen Jahren gab es Bedenken, die Digitalisierung könne der Branche Probleme bereiten. Der Papierbedarf ist in vielen Büros durch den Umstieg auf den elektronischen Informations- und Dokumentenaustausch zwar tatsächlich gesunken, doch es bleibt als Medium und zuletzt vor allem als Verpackungsmaterial überaus relevant. Entscheidender als die Frage, welche Rolle Papier im digitalen Zeitalter hat, ist deshalb, die nach wichtigen Synergieeffekten. Im Fokus stehen dabei insbesondere KI-Assistenzsysteme, die große Datenmengen analysieren und den Wertstoffkreislauf dadurch noch effizienter gestalten können. Verschiedene Pilotprojekte, welche in diese Richtung forschen, arbeiten an Lösungen, die selbstständig auf wechselhafte Altpapierqualitäten reagieren und entscheidende Parameter automatisch anpassen. Auch bei nachgelagerten Qualitätskontrollen kann der virtuelle KI-Assistent nützlich sein.

Papierbranche auf dem Weg zur Klimaneutralität
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