Gesindebücher für Dienstboten

Bis 1919 waren Dienstboten in Preußen aufgrund der Gesindeordnung von 1810 verpflichtet, sogenannte Gesindedienstbücher zu führen. Diese dienten als eine Art Arbeitszeugnis und mussten beim Dienstherrn hinterlegt werden. Wurde das Gesinde entlassen, war der Dienstherr verpflichtet, ein Zeugnis über Führung und Leistung auszustellen. Die Eintragungen in den Gesindebüchern mussten von der zuständigen Polizeibehörde beglaubigt werden.

Dienstmädchen in der Küche
© Bild von Nanne Tiggelman auf Pixabay
07.10.2024

Bedeutung der Gesindebücher

Die Gesindebücher hatten eine wichtige Kontrollfunktion. Sie ermöglichten es den Dienstherren, die Arbeitsmoral und das Betragen ihrer Bediensteten zu überwachen und zu bewerten. Für die Mägde und Knechte bedeutete dies einen enormen Druck, da ein schlechtes Zeugnis die Chancen auf eine neue Anstellung erheblich minderte.

Gleichzeitig dienten die Bücher aber auch als Nachweis für geleistete Arbeit und konnten bei Streitigkeiten als Beweismittel dienen. Aus heutiger Sicht sind die erhaltenen Gesindebücher wertvolle sozialhistorische Quellen, die Einblicke in die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Dienstboten im 19. Jahrhundert geben.

Rechtliche Stellung des Gesindes

Die Gesindeordnungen in den deutschen Staaten benachteiligten die Dienstboten stark gegenüber ihren Herren. Die Rechte der Dienstherren wurden deutlich stärker betont. So konnten diese das Gesinde oftmals fristlos entlassen, während umgekehrt lange Kündigungsfristen von bis zu drei Monaten einzuhalten waren.

Auch Beschwerden über schlechte Arbeitsbedingungen, unzureichende Verpflegung oder Misshandlungen hatten vor Gericht kaum Aussicht auf Erfolg. Das im Gesetz verankerte Züchtigungsrecht erlaubte den Dienstherren sogar eine gewisse körperliche Gewalt zur Disziplinierung.

Abschaffung der Gesindebücher

Mit dem Ende des Kaiserreichs wurden im November 1919 die Beschränkungen des Koalitions- und Versammlungsrechts für Dienstboten aufgehoben. Die bis dahin gültigen 44 Gesindeordnungen in den deutschen Ländern wurden außer Kraft gesetzt.

Damit verloren auch die Gesindebücher ihre Funktion. An ihre Stelle traten reguläre Arbeitszeugnisse, wie sie auch für andere Berufsgruppen üblich waren. Die Gesindeordnungen markierten somit den Übergang zu modernen Arbeitsverhältnissen, auch wenn sich die realen Lebens- und Arbeitsbedingungen der Hausangestellten oft nur langsam verbesserten.

((Weitere Quelle: https://industriemuseum.lvr.de/de/sammlung/sammlung_entdecken/arbeit___lohn/gesindebuch_der_anna_grah/Gesindebuch.html))

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