Französische Anordnung zu Weihnachten 1813: Alle Armen müssen Hamburg verlassen

Im Jahr 1813, während der französischen Besatzung unter Napoleon, manifestierte sich in Hamburg ein düsteres Kapitel der Geschichte. Im Angesicht der sich nähernden alliierten Truppen verschärften die französischen Besatzer ihre Verteidigungsmaßnahmen durch eine Anordnung, die die Stadt tiefgreifend verändern sollte. Diese Entscheidung zwang alle als "unnütze Esser" eingestuften armen Einwohner Hamburgs, die Stadt zu verlassen.

Französische Anordnung zum Verlassen von Hamburg
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22.07.2024

Hamburg, seit 1811 Teil des französischen Kaiserreiches, sah sich einer Belagerung gegenüber. Die französischen Streitkräfte planten, bis zum Neujahrstag 30.000 Menschen aus der Stadt zu schicken, um ihre Verteidigung gegen die anrückenden alliierten Streitkräfte zu stärken. Vororte wurden systematisch niedergebrannt, ganze Stadtteile mussten geräumt werden.

Die Eskalation hatte bereits im Oktober 1813 ihren Anfang genommen, kurz nach der verlorenen Völkerschlacht bei Leipzig. Die französischen Besatzer veröffentlichten in der Zeitung eine Anordnung, dass alle Einwohner, die nicht nachweislich Lebensmittel für sechs Monate vorrätig hatten, Hamburg verlassen müssen. Die meisten Bürger ignorierten diese Anweisung zunächst, viele Arme waren analphabetisch und nicht über die Ernsthaftigkeit der Lage informiert.

Im Dezember folgte dann das drastische Ultimatum: Jeder, der die geforderten Lebensmittelvorräte nicht vorweisen konnte, hatte am 20. und 21. Dezember die Stadt zu verlassen. Die Notlage der Hamburger Bevölkerung war prekär; vielen war es schlicht unmöglich, Vorräte anzulegen. Zeitzeugen, wie ein Milchhändler, der froh war, wenn seine fünfköpfige Familie täglich überhaupt satt wurde, zeichnen ein Bild der Armut.

Das Ultimatum wurde noch bis zum 24. Dezember verlängert. Doch an Heiligabend begann die rigorose Umsetzung der Anordnung. Die Armen wurden aus ihren Häusern geholt, aus der Stadt geführt und der winterlichen Kälte überlassen. Die darauf folgenden Wochen zeugten von einer Tragödie: Mehr als 1.000 Menschen starben auf dem Weg nach Altona, damals noch Teil Dänemarks, an Kälte und Unterernährung. Andere versuchten, nach Lübeck zu gelangen, doch viele erreichten lediglich Barmbek, wo ihr Leben endete.

Bis Ende März 1814 hatten mehr als 30.000 Menschen Hamburg verlassen, fast ein Viertel der Bevölkerung. Erst am 30. Mai 1814 endete mit dem Abzug der Franzosen diese dunkle Zeit. Die Ankunft russischer Truppen unter General Bennigsen am 31. Mai wurde von den Hamburger Bürgern als ein Zeichen der Hoffnung und des Neuanfangs gefeiert. Der Wiener Kongress von 1815 sicherte schließlich Hamburgs Souveränität, ein bedeutender Schritt in Richtung Wiederherstellung der Stadt.