Cotillon-Artikel: Effektvolle Papierwaren für den Ballsaal

Cotillon-Artikel, meist verkürzt als Cotillons bezeichnet, waren effektvoll-dekorative, fabrikmäßig hergestellte Papierwaren, die zwischen 1860 und 1914 auf Bällen eine wichtige Rolle spielten. Beim Cotillon, dem Höhepunkt jedes Balles, wurden sie an die Tanzenden verteilt, um zwischen den Paaren wechselseitig verschenkt zu werden.

Cotillon-Orden
© Bild von Marta auf Pixabay
14.10.2024

Der Cotillon - ein besonderer Tanz

Der Cotillon war eine wechselvolle Abfolge von Contretänzen, Polkas und Walzern mit neckischen Spieleinlagen, bei denen die Paare wechselnde Gruppierungen bildeten. Ein Festordner sagte die zahlreichen Touren an und reicherte sie mit Blumenspenden an die Damen, Papierordensverleihungen an die Herren, Knallbonbonverteilung und anderen Überraschungen an, die alle möglichen meist aus billigen Papiermaterialien gefertigten Requisiten erforderten.

Die Vielfalt der Cotillon-Artikel

Zu den verwendeten Cotillons gehörten Fächer, Ballspenden, Tanzkarten, Knallbonbons, Cotillon-Orden, Papierblumenbuketts und Tanzkontroller. Im erweiterten Sinne zählten auch andere Festartikel wie Papiermützen, Girlanden, Lampions, Papierschärpen und -schleifen dazu. Viele ähnelten Karnevalsartikeln und wurden von den gleichen Herstellern angeboten.

Cotillon-Orden als Highlight

Ein besonderes Highlight waren die Cotillon-Orden. Als Fantasie- oder Scherzorden dienten sie dazu, während des Cotillons auf spielerische Art Tanzpaare zusammenzubringen. In verschiedenen Preisklassen und Ausführungen erhältlich, bestanden die einfachen Varianten nur aus geprägter Pappe, während die hochwertigen Exemplare mit Chenille, Glasperlen, Krepp und anderen Materialien verziert waren. Oft trugen sie Aufschriften wie "Für flottes Tanzen".

Die prächtigen Orden fanden auf den Bällen regen Anklang. Manche Tänzerinnen und Tänzer bewahrten sie anschließend als Erinnerung auf oder hängten sie sogar an den Weihnachtsbaum. Bis 1914 wurden Cotillon-Orden von zahlreichen Firmen in großer Vielfalt produziert. Allein in Berlin gab es um 1870 acht Hersteller.

Das Ende einer Ära

Mit dem Ersten Weltkrieg und dem gesellschaftlichen Wandel in Deutschland nach 1918 ging die Ära der rauschenden Ballnächte und damit auch der Cotillon-Artikel zu Ende. In der Weimarer Republik und im Dritten Reich gab es nur noch vereinzelt Anbieter und die Nachfrage beschränkte sich auf Tanzschulen.

Heute sind Cotillon-Artikel eine Rarität und wertvolle Zeitzeugen einer längst vergangenen Epoche. Sie erinnern an die prachtvollen Bälle im Kaiserreich, auf denen sich Damen in rauschenden Roben und Herren in Uniform im Walzerschritt drehten und kleine Papierobjekte die Funktion von Statussymbolen erfüllten. Sammler und Liebhaber historischer Papierwaren schätzen die kunstvollen und einfallsreichen Artefakte aus der Blütezeit der Cotillon-Kultur.